Liebe Freunde, ganz liebe Grüße sende ich auch diesmal von Arequipa nach Deutschland. Ich bedanke mich für jegliche Reaktion, die auch auf den letzten Blogeintrag bekommen habe. Mir war seit längerem durch einige Berichte bekannt, dass häusliche Gewalt innerhalb vieler peruanischen Familien ein normaler und gängier Brauch ist. Es jedoch nur erzählt zu bekommen und dann einen oder mehrere Fälle mit zu bekommen ist doch noch einmal ein gewaltiger Unterschied. Ich hatte ja in meinem letzten Bericht von dem Aniversario der Cuna berichtet. Alle Kinder, die ich betreue, waren verpflichtet an diesem Tag in die Cuna zu kommen. Nur ein Mädchen ist nicht aufgetaucht. Als wir uns am Dienstag wieder ordnungsgemäßt den normalen Cuna-Betrieb aufgenommen haben (der Montag war sowohl für Kinder als auch Mitarbeiter frei, da wir ja am Sonntag gearbeitet hatten), hat sich heraus gestellt, dass der Papa des Mädchens sowohl seine Frau, als auch das Mädchen und seine Schwestern geschlagen hatte und sie deshalb am Sonntag nicht gekommen sind. Im Laufe des Tages hat sich das Mädchen dann auf meinen Schoß gesetzt, seine Hand in die meine gelegt und mir ins Ohr geflüstert, dass sie nciht nach Hause gehen möchte, weil sie große Angst hat. Es hat mir so Leid getan für dieses arme Kind. Später als sie mit dem Schulbus nach Hause fahren sollte, hat sie Sonia gesagt, dass sie heute von ihrer Mama abgeholt wird und deshalb nicht mit dem Bus fahren muss. Sonia stand dieser Aussage zwar skeptiscch gegenüber, willigte aber ein, dass Mädchen erstmal in der Cuna zu lassen. Aber dann wurde es immer später und die Mutter des Mädchens kam nicht. Da wurde Sonia ein wenig wütend auf das Mädchen, weil sie glaubte das Mädchen hätte sie an gelogen um nicht nach Hause zu müssen. Sie sollte dann bei einer anderen Erzieherin bleiben, die noch länger in dem Kindergarten blieb, bis ihre Mama sie abholen würde. Da fing das Mädchen herzerweichend an zu weinen und bekam Nasenbluten. Diesem ganzen System der Gewalt stehe ich so hiflos gegenüber. Abgesehen davon gab es natürlich auch wieder sehr begeisternde Erlebnisse in der letzten Woche. Am vergangenen Samstag, dem 18. Oktober, fanden in ganz Peru große Umtüge zu dem Senor de los Milagros (Dt. Herr der Wunder) statt. Der größte und beeindruckendste ist sicher in Lima, Doch jener an dem ich hier teilgenommen habe, konnte sich durchaus auch sehen lassen. Der gesamte Oktober steht im Zeichen des Senor de los Milagros. Das katholische Fest geht aud ein Bildnis eines gekreuzigten, schwarzen Jesus zurück, dass im 17 Jahrhunder von einem schwarzen Sklaven in Lima an eine Wand gemalt wurde. Das Bildnis blieb an der Mauer, trotz verzweifelter Versuche es von der Wand zu waschen und hat angeblich zwei Erdbeben, die Lima in Schutt und Asche legten überstanden. Seitdem wird es von der Bevölkerung verehrt. Es gibt einige Menschen die so sehr an die Kraft dieses Bildnisses glauben, das sie den ganzen Oktober nur violette Kleidung tragen (violett ist die Farbe des Senor de los Milagros). Vor der eigentlichen Prozession fand eine Messe statt. Danach hat sich die gesamte anwesende Gemeinde vor der Kirche versammte und das zuvor sehr aufwändig hergerichtete Abbildnis des Senor de los Milagros wurde auf einem großen Tisch mit Rolle aus der Kirche gerollte. Es war geschmückt mit vielen wunderschönen, bunten Blumensträußen. Vor der Kirche haben zwölf Männder das Bildnis samt Tisch und allem Blumenschmuck auf ihre Schultern gehoben. Da die Prozession Nachts statt fand führte den Zug ein Mann an, der einen großen Scheinwerfer aus einiger Entfernung auf das Bildnis richtete, damit es in der Dunkelheit auch gut zzu erkennen blieb. Danach folgten P. Conrado mit den Ministranten, worauf Frauen kamen, die während der Prozession Kirchenlieder vorsangen und vorbeteten. Danach kamen acht Frauen die etwas in der Hand hielten was aussahh wie große Bratpfannen. In diesen "Bratpfannen" waren glühende Kohlen, die von den Frauen von Zeit zu Zeit mit einem Pulver übergossen wurden, worauf Weihrauch aufstieg. Damit der Weihrauch so nah wie möglich an den Senor de los Milagros herankommt und den Weg, der er geht ebnet, reckken sie sich und ihre Arme so nah sie können dem Bildnis entgegen. In der Reihenfolge kam dann das Bildnis selbst. Danach folgte eine Blasskapelle, die bei uns aus den Schülern des Beethoven-Collegios bestand, welches gegenüber unserer Kirche liegt. Danach kamen die restlichen Gemeindemitglieder, beziehungsweise sie haben sich in einer rechteckigen Form um die ganze Aufstellung herum gruppiert. Alle die Hände frei hatten, hielten violette Kerzen. Es stellte sich eine Stimmuung ein, wie ich sie sonst nur in der Osternacht erlebt habe. Der Zug machte an verschiedenen Altären halt. Teilweise hatten die Leute auch mit wunderschönen Blumen, Erde und Sägespänen Botschaften auf die Straße "gemalt". Der gesamte Weg war immer wieder gesäumt von violetten Windlichtern, die unseren Weg zusätzlich erleuchten sollten. Und immer wieder musste die Prozession stoppen, weil Feuerwerkskörper gezündet wurden und Knaller.
Ich hoffe in Deutschland ist alles gut. Alles liebe Anna
Liebe Anna!
vielen Dank für die sehr interessanten, spannenden, unterhaltsamen, aber auch erschreckenden Schilderungen Deines Aufenthalts in Peru. Man kann sich dank Deines wirklich beeindruckend schönen Schreibstils alles sehr lebhaft vorstellen.
Hier bei uns ist jetzt recht kalt und dank der ungeliebten Winterzeit-Umstellung schon früh dunkel und ungemütlich. Wir sind jetzt für ein paar Tage (es sind ja Herbstferien) in den Bayerischen Wald gefahren, waren gerade beim Italiener essen und freuen uns auf erholsame Tage.
Weiterhin viel Spass und tolle Erlebnisse wünschen wir Dir. Viele Grüße auch vom Rest der Familie.
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Verehrte Leser! Mein Name ist Anna, Annie, Anni oder bei meiner Oma zeitweise Annl. Ich habe mich entschlossen ein Jahr als Missionarin auf Zeit in Peru/ Arequipa zu verbringen.